Dienstag, 2. September 2014

1. September

Ich sitze im Zug von Strasbourg nach Paris. Es ist acht Uhr morgens. Selah Sue versucht sich mit ihrer poppigen Mädchenstimme im folkischen Olymp. Meine Ohren genehmigen es, schließlich ist es erst acht.





Gestern rollte mir die erste Kastanie des Jahres vor
die Füße. Ein Zeichen, dass der Herbst kommt. Ich
bin bei so etwas abergläubisch. Heute Morgen sind
die Felder mit Nebel bedeckt und es herrscht eine
Stimmung wie bei Jane Eyre. Man ahnt den Schatten
dieser couragierten Jungfrau auf den abrasierten
Feldern.





Ist der Sommer nun vorbei? Und, war ich überhaupt beim diesjährigen anwesend? Ich habe eher das Gefühl, mir symbolisch Ohrenstöpsel auch auf die Augen gedrückt zu haben: "Sag mir bloß nicht, dass die Sonne scheint!", sollte meinem Masterarbeitsschreibwahn in den letzten Wochen über die Runden helfen und den Enthusiasmus animieren, auch am Sonntagnachmittag denken zu können. Gestern wurde das Prachtstück ausgedruckt und beim Teebesuch im Kusmi Tee - Laden und einer Balade in Paris gefeiert. Mehr ließ Erschöpftheit nicht zu. In der Bar du Marché noch ein wenig Menschen beobachtet, mit dem Fuß geswingt, Theorien über einen Pariser Möchtegernintellektuellen aufgestellt, der ohne etwas zu sagen sein Getränk bekam, wortlos einen 5 Euro-Schein hinlegte und weiter in seinem Parisien las ...


 


 Es sollte einen zweiten Sommer geben. Für alle, die
die Julieuphorie nur vom Büro aus betrachtet haben,
mit Postkarten und Instagram/Facebookfotos von
Stränden, Cocktails und durchtanzten Nächten genervt
wurden und auf die Frage: "Und, was hast du so in den
letzten drei Wochen gemacht?" nur schnaufen konnten. Politesse insgeheim gegen den Stinkefinger ausgetauscht.



Für diese Woche gibt es eine Liste. Lauter Sachen, die in den letzten, na sagen wir mal, vier Monaten vom Verstand in einer Kiste verschachert wurden. An die baldigen Nebelschwaden im beruflichen Leben soll die nächsten Tage mal nicht gedacht werden. Dafür nur Strasbourg erkunden, Zeitschriften und Bücher lesen, Schlaf nachholen, ausgehen, Theater, Küsse am Wochenende. Unbeschwert beschwingt sein.





Sonne folgt auf Nebel. Soll sie auch.




                                                                                                                                                                                                                         


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