Mittwoch, 30. April 2014

une aventure.


 Die letzten sieben Tage wurden wie eine Seifenblase größer und größer; doch, anstatt zu zerplatzen, zerknallte sie in Freudentänze.

Paris hatte mich also wieder. Wie herrlich bei all dem Sonnenschein und dem Duft frischen Obstes durch Saint-Germain-des-Près zu laufen und den Alltag zu verleben. Er bestand zwar überwiegend aus auspacken, Wäsche waschen und Bücher in die Nase stecken, war aber gleichzeitig wunderbar pariserisch. Café mit Freunden, Métro, kleine Zwistigkeiten mit einer Kassiererin und die musternden Blicke der Frauen in den Straßen. 

 

  Es ist Frühling und trotzdem gibt es diese modische Tendenz des Schwarzen. Warum? Weil man sich dadurch erst recht von den wunderbaren, herrlichen Farben dieser Jahreszeit abhebt oder weil dies nur Menschen tun, die wissen, das Regen bevorsteht. Persönlich liebe ich bunte Kleidung und, auch wenn diese farbliche Nüchternheit mich immer mehr einnimmt, kann ich es mir nur selten verbieten etwas helles, munteres zu tragen. Eine gelbe Strickmütze zur Jeans und dem schwarzen Blazer; meine grüne Ledertasche, die mich überall hin begleitet etc. Um den magischen Augenblick des printemps zu feiern, wollte ich einen Hausputz in den Sommersachen veranstalten und die Winterkleidung auf den Schrank räumen. Ich kann sie nicht mehr ertragen, die Pullover, Strickschals und dicken Jacken. Doch, als hätte Meister Oberwolke es geahnt, schickt er seitdem mieses Wetter herunter. Meister Mies sozusagen. 


 Kennt ihr das Gefühl, eine gute Musik auf den Ohren zu haben und damit das Haus zu verlassen? Ihr macht die Tür hinter euch zu; betretet die Straße und fühlt euch vollkommen von der Melodie oder dem Text angetrieben. Nicht als wäre es eine Hintergrundmusik; aber als durchströmte sie euren Körper und würde eure Gesten gestalten. So einen Schwung hatte ich hin- und wieder diese Woche und finde es immer wieder fabelhaft, so eingenommen zu werden. Es ist nicht nur wie Musik in der Métro hören und dabei hundert Gesichter vorbeiziehen zu sehen. Es ist so, als stände sie hinter mir, genau im Rücken und ziehe die Fäden. Ein zauberhaftes Gefühl!


Seit Berlin habe ich allerdings den Drang des Reisens, des Taschenpackens und mich in irgendeinen Zug zusetzen. Deswegen geht es diesen Mittwoch, dank des langen Wochenendes hinaus aus der Stadt. Normalerweise werde ich bei solchen Anlass immer ganz nervös und unruhig. Dieses Mal war es sogar meine Idee. Aber es ist gut; es ist die Vorbereitung auf das kommende Ereignis: Strasbourg. In zwei Wochen ein zeitbegrenzter Wohnortswechsel. Paris dann nur am Wochenende. Dieser Gedanke sollte mich einnehmen und aus der Bahn werfen. Nur trifft allein ersteres zu. Dabei kam alles ziemlich plötzlich und jetzt heißt es auf einmal : „Tritt aufs Gas junge Dame!“. In eine Stadt zu ziehen von der ich kein Bild und die ich mir nicht aufgrund ihrer 'Schönheit' oder sonstigem ausgesucht habe, ist leicht irritierend, doch ein Projekt, auf dass ich mich einlasse. 


 Ansonsten? Theater gab es diese Woche. Der „Tartuffe“ von Molière, inszeniert von Luc Bondy im Atelier Berthier. Nun, es hatte seine witzigen Momente, aber es schien nicht authentisch. Zu viel. Zu übertrieben. Ja fast zu angeberisch. Zu schnell. Was soll nur diese Angewohnheit Texte in Raketengeschwindigkeit herunter zu erzählen? Du meine Güte, niemand kann sich noch nach 30 Minuten konzentrieren, da das angespannte Zuhören irgendwann in „Faden verloren“ übergeht. Das Stück war gut inszeniert, keine Frage. Doch schien es so oberflächlich hinübergebracht.



 Oberflächlich kann man zu „Tristan und Isolde“ in der Opéra Bastille allerdings nicht sagen. Fünf Stunden Dramatik, tragische Zugeständnisse und dazu Videos vom Künstler Bill Viola. Fräulein Nörgeltante sagt: Nein! Es war zu viel! Auf wen sollte man sich denn da konzentrieren? Auf die zwei Personen, die sich auf der Leinwand auszogen, ins Wasser sprangen, Kerzen anzündeten, küssten, weinten, durch den Wald liefen – oder auf die zwei Sänger, die sich gegen Orchester und Video durchsetzen mussten. Ja, eine Beziehung zwischen den Bildern und der Inszenierung bestand, keine Frage. Aber auch hier wurde zu viel erwartet. Entweder konzentriere ich mich auf Gesang, Darstellung und Untertitel oder auf die Videoprojektion. Beides zusammen ließ sich nur sehr schwer vereinen. Um mich herum hatte jeder Schwierigkeiten die Aktion auf der Bühne zu verfolgen.Und dies war schade. Denn, auch wenn Wagners Kompositionen und ich wohl nie Freunde werden, war ich gespannt auf die Darbietung. Nach dem ganzen Ring der letzten Saison wollte ich Richard eine zweite Chance geben. Wirklich. Ehrlich. Aber, es geht nicht. Ich muss es einsehen. Das ist mir zu viel aufgeputschte Tragik. War Wagner ein Romantiker? Ich frage mich seit Tagen, ob jener Menschenschlag in heiklen Situationen zu überstrapazierender Dramatik wird. Ein Romantiker, transformiert er sich zu einem weinenden, stark gestikulierenden, auf die Knie fallenden, große Worte benutzenden Dramatiker?


 Zum Glück gab es am Wochenende Zeit für Bücher, ausschlafen, Kuchenbacken und Wein. Der Regen verpflichtete zum Hausarbeiten schreiben und war optimal noch einmal die dicken Socken und Winterpullover anzuprobieren. Und selbst wenn es heute schon den ganzen Tag vom Himmel gießt, lasse ich mir trotzdem nicht die Frühlingslaune nehmen. Dann öffne ich einfach meine Teedose von Kusmi mit dem BB Detox - Tee und die ganze Wohnung wird von sonnigem Duft erfüllt.

Schöne Woche euch allen!







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